Das Mädchen, das durch die Zeit sprang (2007) – Die Zeit entscheidet immer noch selbst

Das Mädchen, das durch die Zeit sprang (2007)

Makoto Mülleimer Makoto hat Unfälle, wenn sie durch die Zeit springt. | © Jitendar Canth auf myreviews.com

Time waits for no one“ – Diese Weisheit schlägt in Das Mädchen, das durch die Zeit sprang („Toki wo kakeru Shoujo„) einen mitten ins Gesicht. Zeitreisen öffnen so viele Türen, doch man lernt, dass alle wieder geschlossen werden müssen. Im erfolgreichen Anime von 2007 lässt Mamoru Hosoda ein Mädchen mit dieser verführerischen Gabe segnen und von einer Überraschung in die nächste stolpern. Fest steht nur eines: Der Mensch ist nicht Herr der Dinge; nur ein rostiges Rädchen.

Der Film enthält: ein bubihaftes Mädchen, Slapstick, weltmeisterliche Sprünge, Zeitreisen, viele Unfälle, unmögliche Freundschaften, Baseball, Armtattoos

Handlung. Makoto ist fast mit der Schule fertig. Mit ihren besten Freunden, Chiaki und Kousuke, verbringt sie noch einen schönen Sommer. Um einem Klassenamt nachzugehen, bringt sie Hefte ins leere Chemiezimmer. Plötzlich vernimmt sie in einer Ecke eine Person. In ihrer Angst rutscht Makoto aus und fällt auf eine Nuss, die augenblicklich zerbricht. Die Person rennt weg und Makoto macht sich schnell auf den Weg zu ihrer Tante. Sie wird von einem Zug erfasst. Makoto müsste tot sein. Als sie jedoch zu sich kommt, liegt sie 100 m vom Unfallort entfernt. Außerdem wiederholen sich Dinge, die sie eben bereits gesehen hat. Durch ihre Tante erfährt sie, dass sie zum ersten Mal durch die Zeit gereist ist und diese Fähigkeit weiterhin nutzen kann. Makoto hat viel Freude daran, die Zeit zu ihrem Gunsten zu ändern. Als sie eines Tages an ihrem Arm einen Zeitcode entdeckt und sich immer mehr in die Schicksale anderer einmischt, wird das Leben für sie und ihre Mitmenschen immer fataler. Dann erfährt sie auch noch, dass ihre Fähigkeit zurückgeht und einer ihrer Freunde mehr von ihr will. (FSK:12)

Warum „Das Mädchen, das durch die Zeit sprang“ so speziell ist

Die Geschichte beruht auf einem Bestseller vom japanischen SciFi-Autor Yasutaka Tsutsui (u.a. „Paprika„). Seit dem Erscheinen im Jahr 1967 wurde der gleichnamige Roman so oft verfilmt, dass er in Japan zu einem der populärsten Stoffe wurde. Die Geschichte im Anime von 2007 weicht also vielleicht deswegen vom Original ab. Mamoru Hosoda („Digimon Adventures„, „Summer Wars„, „Ame & Yuki„) entschied sich für eine Anpassung an die ’neue‘ Zeit. Das Mädchen aus dem Original (Kazuko Yoshiyama) ist im Anime die Tante von Makoto. Es sind etwa 20 Jahre vergangen und so wird klar, warum die Tante genau weiß, was während des Unfalls passiert ist. Der Ablauf ist aber in beiden Geschichten ziemlich gleich. Auch bleibt erhalten, dass die Protagonistin eine enge, unromantische Beziehung zu Jungs hat und das Wissen bekommt, in der fernen Zukunft einer bestimmten Person zu begegnen.

       Tante und Makoto  Makotos Unfall
Kazuko und Makoto. Es besteht eine Verbindung zwischen Makoto und ihrer Tante (l.), die nur die beiden nachvollziehen können.

Makoto ist etwas jungenhaft. Sie hat statt besten Freundinnen zwei beste Kumpels. Diese sind bei den Mädchen nicht ganz unbeliebt. Groß, stark, anständig und gut aussehend. Im Klassenzimmer sitzen sie immer nebeneinander. In den Pausen verbringt sie mit den beiden Jungs Zeit beim Baseball spielen. Das in einem Land, wo Liebesbeziehungen unter Schülern entweder tabu oder kaum vorhanden sind. Man sieht Makoto selten mit Mädchen reden. Wenn, geht es um die Frage, ob sie die Freundin von einem der beiden ist. Sie hat natürlich kein Interesse. Als einer ihr seine Liebe gesteht, passt ihr das gar nicht in den Kram. Immer wieder reist sie in der Zeit zurück, um es nicht von ihm zu erfahren. So kann sie so tun als wäre alles wie immer. Doch jeder Versuch scheitert an einer anderen Stelle und es bleibt kompliziert. Es ist als würde die Geschichte wie andere zuvor zeigen wollen, dass reine Freundschaften zwischen Männern und Frauen unmöglich sind oder unsere Gesellschaft intolerant gegenüber Asexuellen ist. Die Beziehung zwischen ihr und den Jungs als auch die geknackte Nuss könnten symbolisch sein. Vielleicht will sie nicht erwachsen werden. Im Verlauf der Geschichte ändert sich das Verhältnis, bis sie wie ihre Tante dazu bereit wird, „auf eine Person in der Zukunft zu warten“.

Künstlerische Machart

Makotos Zeitcode Auf ihrem steht der Zeitcode: Wie soll man ihn nur lesen? | © Jitendar Canth auf myreviews.com

Nun ist es nicht mehr wie im Original der Lavendelduft, sondern eine geladene Nuss, die die Fähigkeit zum Zeitreisen überträgt. Makoto hat ein Tattoo auf dem Arm, dass ihr anzeigt, wie viele Zeitsprünge sie machen kann. Jeder Zeitsprung wird mit einer digitalen Sequenz eingeführt, die ein bisschen an „Die Matrix“ (USA) erinnert. Aufregend ist vor allem der erste Sprung, der scheinbar zurück in die Urzeit reicht. In einem anderem Zeichenstil rennen Urpferde auf den Zuschauer zu, dann stapft man in die Entdeckung des Feuers hinein. Schade, dass nicht jede Zeitsprungsequenz so gestaltet wurde.

Nicht nur spektakulär, sondern auch witzig sind die Zeitreisen. Makoto schafft es scheinbar nur die Fähigkeit zu nutzen, wenn sie einen Sprung macht. So sieht man sie im Film immer wieder durch die Gegend rennen und irgendwohin springen. Kommt sie in eine Zeit zurück, landet sie meist unsanft. Die Mitmenschen bekommen nur die Hälfte mit, was das ganze noch unterhaltsamer macht. Ein weiterer Running Gag ist ihr ständiger Versuch, die Zeit so zu steuern, dass es für sie angenehmer wird. Anfangs noch zufällig, im Trainingsmodus, erfreut sie sich an einem Pudding. An dem Pudding, den ihre Schwester später wegessen wird, jetzt aber noch im Kühlschrank steht. Später, sie kann nun deutlich besser damit umgehen, lässt sie einen Karaokeabend mit den Jungs immer wieder ablaufen, bis sie heiser wird.

   Makoto Sprungturm  Makoto Pudding      Makoto Chiaki Kousuke  Makoto rennt
Slapstick und Running Gags sind ein wichtiger Bestandteil des Films.

Der Zeichenstil ist sehr flächig und reduziert. Man entdeckt wenig Schatten, wenige Falten, kaum Details in den Haaren. Die Beine wirken wie Streichhölzer und die Körper so lang. Da die Geschichte im Sommer spielt, ist der Himmel fast nur strahlend blau. Für Fans vom berühmten Studio Madhouse ein gewohntes Bild. Trotz des fehlenden ‚Schmucks‘ fällt dies kaum ins Gewicht.

Meinung und Fazit: Die Geschichte geht mir für Science Fiction irgendwann zu sehr in die Romantikschiene. Es geht nicht mehr um die Wissenschaft hinter dem Zeitreisen, sondern um ihren Freund. Dafür wird es aber nicht schnulzig. Im Gegenteil, ich fieberte richtig mit. Denn man gönnt es den beiden, zusammen zu kommen. Trotz des Dramas gibt es viel zu Lachen. Der eine oder andere Halsklos könnte aber kommen. Ich bin darüber begeistert, dass Makoto ein Mädchen ist, dass auch ordentlich einstecken kann und sie bekommt ordentlich ‚Dresche‘. Die anderen Figuren, gerade die Kumpels und die kleine Schwester, sind auch sehr sympathisch. Die Schulgeschichten um Liebesgeständnisse, Noten und Außenseiter harmonieren sehr gut mit dem Hauptstrang. Das Ende ist mir aber leider viel zu geschliffen und lieber hätte ich Situationskomik oder andere Formen von Humor gesehen als die vielen Running Gags. Insgesamt muss ich dennoch meinen Hut nehmen und kann es definitiv empfehlen.

Für wen? (bzgl. Anime) Wenn du auf Filme mit guter Laune und Action stehst, du ein melancholischer Mensch bist oder eine schön-traurige Liebesgeschichte suchst.

Manga, Anime oder Dorama? Leider habe ich mit diesem Anime nur eine von zahlreichen Adaptionen ‚hinter mir‘. Ich würde aber empfehlen, sich zuerst den Roman durchzulesen und dann in die Doramas einzusteigen. Von den Manga und Animes gibt es nur wenig zu berichten. Bei der Dorama-Verfilmung von „Monday Drama Land“ spielt übrigens der Vater von Idol und Manga-‚Aktivistin‘ Shoko Nakagawa mit.  

Otaku StoffBestes Charakterdesign
Das Charakterdesign stammt von Yoshiyuki Sadamoto, der 2007 einen Preis für das beste Charakterdesign bekam. Der Film erhielt auch den Preis für die beste Regie. Sadamoto war unter anderem Charakterdesigner für „Neon Genesis Evangelion“ (+ Autor) und ist Gründungsmitglied von Gainax.
Er arbeitete mit Hosoda auch an „Ame & Yuki“ und berichtete, dass er nicht wusste, wer seine Kollegen sein werden. Hosoda habe kaum eine seiner Zeichnungen abgelehnt.

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